Das PESO-Modell – Kommunikation ist die Übermittlung einer Botschaft zwischen Sender und Empfänger. Im Marketing war die Kommunikation dabei in der Vergangenheit häufig eindimensional, denn der Empfänger hatte kaum eine Möglichkeit, direkt zu antworten. Überdies lag das Monopol für den Kommunikationskanal bei den traditionellen Werbeunternehmen, die Werbeflächen zur Verfügung stellten.
Die intensive Verbreitung digitaler Kommunikationskanäle hat diesen Status Quo erschüttert. Der Empfänger kann seinerseits über soziale Netzwerke ein großes Publikum erreichen – und der Sender hat die Hoheit über seine Kommunikationskanäle verloren, die Kommunikation verlagert sich auf Plattformen und Aggregatoren. Das PESO-Modell trägt dieser Entwicklung Rechnung und erlaubt die systematische Gliederung der verschiedenen Kanäle.
Das PESO-Modell
Das PESO-Modell wurde 2008 entwickelt und durch NOKIA erstmals eingesetzt. 2009 wurde es der Öffentlichkeit vorgestellt und 2018 um einen weiteren Kommunikationskanal “Shared Media” ergänzt. PESO bildet dabei ein Akronym aus den enthaltenen Kommunikationskanälen:
- Paid Media
- Earned Media
- Shared Media
- Owned Media
Paid Media im PESO-Modell
Paid Media kennzeichnet die Kommunikation über Kommunikationkanäle, die das Unternehmen buchen und bezahlen muss. Beispiele sind Banner-Werbung, Google AdWords oder Facebook Ads. Die verfügbaren Flächen werden dabei häufig per Auktionsverfahren (“Bidding”) versteigert.
Die Notwendigkeit, die Nutzung des Kommunikationskanals zu bezahlen, ist ein offensichtlicher Nachteil. Dem stehen allerdings mehrere Vorteile gegenüber:
- Targeting
Die Plattformen stellen sehr genaue Kundensegmente mit individuellen Attributen zur Verfügung. So lassen sich auch kleine Segmente gezielt ansprechen. - Geschwindigkeit & Skalierbarkeit
Über Paid-Media lassen sich mit entsprechendem Budget schnell hohe Reichweiten generieren. - Tracking
Die Ergebnisse lassen sich unmittelbar messen. Dies bietet die Möglichkeit, Gestaltung, und Aussteuerung anzupassen, um die Werbewirkung zu optimieren – zum Beispiel über automatisierte A/B-Tests. - Kontrollierbarkeit
Anzeigen können unmittelbar angepasst oder entfernt werden.
Earned Media im PESO-Modell
Als Earned Media werden Kommunikationskanäle bezeichnet, die zwar nicht unmittelbar unter der Kontrolle des Unternehmens stehen, jedoch nicht bezahlt werden müssen. Der Sender hat sich die Präsenz auf dem Kommunikationskanal vielmehr verdient und erarbeitet, der Eigentümer veröffentlicht den Inhalt freiwillig. Beispiele sind journalistische Inhalte in Zeitschriften und Blogs. Der Sender kann den Einsatz von Earned Media befeuern, indem er qualitativ hochwertigen Content zur Verfügung stellt. In diesem Modell zählt die Verbreitung von Inhalten in Sozialen Netzwerken NICHT zu earned Media.
Wegen des journalistischen Charakters geht mit Earned Media zumeist eine hohe Glaubwürdigkeit einher. Allerdings lässt sich die Verbreitung und auch der Inhalt nicht umfassend steuern. Aus einem positiven Interview kann auch eine negative Headline resultieren.
Die Verbreitung des Content durch Earned Media kann unterstützt werden, indem
- Hochwertige Informationen bereitgestellt werden, die journalistischen Ansprüchen genügen
- Info-Grafiken und interaktive Charts mit hoher Inhaltsdichte erstellt werden
- Videos mit hohem Unterhaltungsgrad erstellt werden (keine reinen Werbeclips)
- Interviews mit entscheidenden Marktteilnehmern geführt werden
- Content erstellt wird, über den sich andere profilieren können (z.B. Bestenlisten, Auszeichnungen, Reviews)
- Studien und Meta-Studien mit neuen Erkenntnissen erstellt werden
- Verweise auf andere wichtige Marktteilnehmer und Unternehmen genannt werden
Zur Unterstützung von Earned Media sollte Content Outreach und Content Seeding betrieben werden:
- Im Content Outreach wird nach Kooperationen mit Patnern gesucht, die das Veröffentlichen und Teilen von Inhalten unterstützen sollen. Dabei werden z.B. Website-Betreiber, Blogger, Influencer und Journalisten gezielt und individuell angefragt. Ziel ist eine gegenseitige Win-Win Situation angestrebt. Der Partner profitiert von hochwertigen Inhalten, das Unternehmen von der Reichweite des Partners. Die Kooperation passiert unentgeltlich, sonst würde die Maßnahme in den Bereich Paid Media übergehen. Viele Unternehmen betreiben auch Mailing-Listen, um wichtige Branchenkenner auf aktuelle Entwicklungen hinzuweisen und sie zum Veröffentlichen von Inhalten zu animieren.
Eine Spielart des Content Outreach ist HARO, was für Help a Reporter Out steht. Über entsprechende Plattformen können Journalisten nach Interviewpartnern und Wissensträgern suchen. Engagierte Unternehmen können diesen Journalisten dann entsprechend zur Seite stehen. Daraus können sich langfristige redaktionelle Partnerschaften ergeben. Die größte Plattform dieser Art ist responsesource.com, dessen deutscher Ableger allerdings wieder eingestellt wurde. - Im Content Seeding wird Content zur Verfügung gestellt, der kostenfrei genutzt und verbreitet werden kann. Der Content wird also zwischen Branchenkennern, Influencern und einschlägig tätigen Journalisten ausgesäht. Wenn diese den Content verwenden, wird Reichweite und hohe Glaubwürdigkeit als Ernte eingebracht.
Content Seeding wird vermehrt für Social Media verwendet, weshalb es gleich im Abschnitt Shared Media noch eine Rolle spielen wird.
Shared Media im PESO-Modell
Shared Media kennzeichnet Inhalte, die über Soziale Netzwerke (Facebook, Snapchat, TikTok) durch andere Nutzer geteilt und kommentiert werden. Ziel des werbenden Unternehmens ist eine möglichst intensive Interaktion mit den Nutzern der jeweiligen Plattform und somit eine Sichtbarkeit in seiner Zielgruppe. Im Gegensatz zu Earned Media handelt es sich hier also um die nutzergesteuerte Verbreitung von Inhalten, die sich in Teilen der Kontrolle entziehen. Die Folge kann eine hohe Dynamik sein, die besondere Herausforderungen an das Redaktionsteams des werbetreibenden Unternehmens nach sich zieht.
Inhalte werden in sozialen Netzwerken geteilt, wenn sie besonders inspirierend sind, einzigartigen Content bieten, der hochwertig aufbereitet ist und hochgradig unterhaltsam oder emotional ist. Darüber hinaus muss der Content sehr gut auf die Zielgruppe zugeschnitten sein.
Das werbetreibende Unternehmen veröffentlicht Inhalte und hofft darauf, eine Interaktion mit den Nutzern auszulösen, die den Content teilen können. Diese Form des Content Seeding hat in den letzten Jahren deutlich an Relevanz gewonnen.
Darüber hinaus spielen aber auch klassische Foren sowie geschlossene Gruppen in Xing oder Facebook weiterhin eine Rolle, da sie das spezifische Publikum häufig direkt anziehen. Bei der unternehmerischen Nutzung von Foren und Communities ist aber Fingersitzengefühl gefragt: Idealerweise wird vorher Kontakt zum Forenbetreiber gesucht, um eine Löschung der Beiträge als SPAM zu verhindern – dies ist in Foren häufig der Fall, wenn plump Unternehmenslinks gepostet werden. Außerdem ist es empfehlenswert, dass die Postings unter dem Profil einer natürlichen Person (z.B. des Social Media Managers) vorgenommen werden und nicht als Unternehmensprofil.
Achtung: Reine Werbung in Foren und Communities stößt häufig auf heftige Kritik und kann negative Auswirkungen haben.
Owned Media im PESO-Modell
Als Owned Media werden Kanäle bezeichnet, die unter der unmittelbaren Kontrolle des werbenden Unternehmens stehen und kostenfrei genutzt werden können. Dazu zählen die eigene Webseite, eigene Blogs und eigene Social-Media Profile. Genutzte Flächen und der Content sind meistens eindeutig als unternehmenseigen zu erkennen und haben daher häufig werblichen Charakter.
Vorteile von Owned Media sind
- der hohe Grad an Kontrolle, die das Unternehmen durch Owned Media hat.
- geringe Kosten, da keine zusätzlichen Media-Kosten für die Buchung der Flächen anfallen.
Nachteile von Owned Media sind
- Reichweite und Traffic hängen von der eigenen Website und der Anzahl der Follower auf den Social Media Plattformen ab. Wer hier langfrisig profitieren möchte, der muss intensiv in Content und Social Media investieren.
- geringe Glaubwürdigkeit der Informationen durch den werblichen Charakter der Kommunikation
Die wichtigsten Kanäle für Owned Media sind
- die eigene Website
- E-Mail Marketing
- Social Media im Owned Channel
Schwächen des PESO-Modells
Wir haben gesehen, dass wir über das PESO-Modell eine durchaus eingängige Möglichkeit zur Strukturierung der Media-Kanäle haben. Die große Schwäche ist indes, dass sich nicht alle Media-Arten eindeutig klassifizieren lassen. So fehlte in der obigen Betrachtung das Thema SEO vollständig. Suchmaschinenoptimierung lässt sich als Zwitter zwischen Earned und Owned Media betrachten. Auch die Klassifizerung von Social Media in Shared Media oder Owned Media scheint nicht eindeutig.
Als strategische Grundlage zur Bespielung der einzelnen Kanäle taugt das Konzept aber allemal.